Schwedenfahrt

Ankunft im Finnskogen

Als wir um vier Uhr morgens am Rötsjön ankommen, schlafen fast alle noch. Zu dritt steigen wir aus, um den herrlichen See anzuschauen. Der Rest döst weiter vor sich hin. Sobald wir das schützende Auto verlassen haben, werden wir von allen Seiten von kleinen beißenden Mücken, den Knot, attackiert. Nachdem wir einige Minuten lang das Seeufer erkundet und hunderte von Knot erlegt haben, beschließen wir die Hütte zu suchen, die der Ausgangspunkt unserer Fahrt werden soll. Sie liegt laut der Beschreibung des norwegischen Wandervereins tief und versteckt im Wald – aber wir haben ja die genauen Koordinaten auf unserer Karte eingetragen. Als wir den Wald betreten, plagen uns die Mücken kaum noch. Dafür ist es sehr sumpfig und wir müssen gleich zu Beginn einen Bach überqueren. Wir finden einen Trampelpfad und folgen ihm. Nach einer Weile halten wir uns ostwärts, steigen einen Hang hinauf und gelangen auf eine sumpfige Lichtung. Laut Karte muss die Hütte hier irgendwo sein. Aber niemand kann sie entdecken. Also zurück in den Wald und weitersuchen. Wir irren einige Zeit im dichten Wald umher, während unsere Schuhe langsam durchweichen. Mehrmals erliegen wir Illusionen und glauben eine Hütte zwischen den Bäumen zu sehen, die sich später doch nur als ein weiterer Findling im Morast entpuppt. Nachdem wir fast drei Stunden gesucht haben, kehren wir erfolglos zum Auto zurück. Sobald wir aus dem Wald treten, fallen die Mücken wieder über uns her. Glücklicherweise liegt in der Nähe eine weitere Hütte, die wir problemlos finden. Als erstes feuern wir den Kamin an und bereiten zum Frühstück einen Haferbrei. Die Fahrt kann beginnen.

Der erste Tag

Unser erster Wandertag ist nass. Wir laufen bei noch gutem Wetter los, doch sehr bald fängt es an zu schütten. Ein guter Anfang. Im Wald ist es kein Problem, doch in offener Sumpflandschaft steht man immer wieder bis zum Knie im Wasser. Nach kurzer Zeit jedoch laufen wir achtlos durch jeden mehr oder weniger großen See. Nun ist es egal, ob man gute Wanderschuhe hat, das Wasser schwappt sowieso oben am Schaft rein. Wir freuen uns sogar auf jede nächste Flussdurchquerung, da es angenehm ist, mal das Wasser zu wechseln. Weil der Regen jedoch den ganzen Nachmittag über nicht aufhören will, wird es ein ziemlich harter erster Tag. Schließlich, man kann den Ort für unser Abendlager auf der anderen Talseite bereits sehen, bricht doch noch die Sonne hervor. Wir treten aus dem Sumpf auf einen Weg und plötzlich steht vor uns ein Elch.

Ein duftendes Risotto köchelt im Hordenpott und unsere Sachen trocknen am Feuer. Obwohl noch taghell, ist es schon spät und bald beginnt die erste Feuerwache.

Aus dem Fahrtenbuch:

Die ersten Vögel zwitschern. Das Feuer geht nach und nach aus, aber ich habe Glück, dass die Glut groß ist. Das Feuer ist jetzt wieder an und ich lese ein bisschen. Punkt sechs Uhr haben sich Wolken und Nebel zu einer so undurchsichtigen Masse geformt, dass man die Bäume nur noch schwer erkennen kann. Es wird kühl und das Feuer ist auch nicht mehr so groß. Die Zeit ist vorangeschritten und ich höre einen seltsamen Vogel. Die erste Feuerwache ist vorüber – fast alles ist wieder trocken. Mit dieser Nacht beginnt die Fahrt erst richtig, finde ich...

Grenzerfahrungen

Am Morgen besprechen wir, ob wir einen Weg gehen wollen, der auf der Karte einen komischen Bogen macht und etwas länger aussieht oder lieber einen geradlinigen, womöglich etwas kürzeren. Wir entscheiden uns für den kürzeren. Doch der Grenzweg zwischen Schweden und Norwegen, der auf der Karte so geradlinig und angenehm aussah, führt genau über die Spitzen von drei erheblichen Bergen. Dennoch lohnt sich die Anstrengung – zum ersten Mal schauen wir über die Baumwipfel und genießen die befreiende Aussicht auf endlosen Nadelwald und einsame Seen. Außerdem steht das Hochmoor voller Multebeeren, welche bis zum nächsten Frühstück in unseren Koschis verschwinden. Zwischen dem zweiten und dritten Berg erwartet uns eine weitere Überraschung: Wir folgen einem schmalen Pfad aus Brettern, der durch ein kleines aber sehr nasses Moor führt. Aber nach der zweiten Biegung hören die Bohlen einfach auf – wir stehen direkt vor dem Morast. Erst in fünfzig Meter Entfernung sind wieder Bretter zu sehen. Ohne lange zu zögern nimmt der Letzte das Brett hinter sich hoch und reicht es vor. Der Erste legt es vor sich hin und alle gehen einen Schritt weiter. Auf diese Weise brauchen wir für das kurze Stück im Moor etwa anderthalb Stunden, haben aber eine Menge Spaß dabei. Später schlagen wir unser Lager am Gransjön auf.